Weniger Berichts- und Sorgfaltspflichten für Firmen
Der EU-Green-Deal und die dazugehörigen Nachhaltigkeitsregulierungen, insbesondere die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD), die Europäische Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) und die Taxonomie-Verordnung, stellen die europäische Wirtschaft vor große Herausforderungen. Der aktuelle Vorschlag der EU-Kommission für ein Omnibus-Paket möchte die nachhaltigkeitsbezogenen Berichts- und Sorgfaltspflichten dieser drei Rechtsakte signifikant reduzieren. Ein Bürokratieabbau von mindestens 25 %, bei mittelständischen Unternehmen sogar von mindestens 35 %, wird angestrebt.
Konkret soll der Anwenderkreis der CSRD und Taxonomie-Verordnung wesentlich eingeschränkt werden, um 80 % der (mittelständischen) Unternehmen von einer Nachhaltigkeitsberichterstattung zu befreien. Außerdem wird eine zweijährige Verlängerung des Erstanwendungszeitpunkts für die meisten Unternehmen bis zum Geschäftsjahr 2027 in Aussicht gestellt. Zudem soll die CSDDD u.a. wesentlich beschnitten werden durch Fokussierung der Sorgfaltspflichten auf direkte Geschäftspartner in der Aktivitätskette, reduzierten Handlungen zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten und keine EU-einheitlichen zivilrechtlichen Haftungsregelungen.
Die Reformpläne der EU-Kommission sind kritikwürdig und unprofessionell. Die hohe Änderungsdynamik ist mit einem erheblichen Reputationsverlust verbunden. Der angestrebte Bürokratieabbau steht in Konflikt mit den Zielen des Green-Deal, da die unternehmerischen Nachhaltigkeitsaktivitäten eingeschränkt werden. Nachhaltigkeitsbezogene Berichts- und Sorgfaltspflichten bieten auch zentrale Chancen (u.a. Wettbewerbsvorteile) für die betreffenden Unternehmen, welche von der EU-Kommission jedoch ausgeklammert werden. Der Erfolg des gesamten Green Deals ist aus unternehmerischer Perspektive fraglich, sollten die aktuellen Vorschläge der EU-Kommission künftig verabschiedet werden.
Autor:
Prof. Dr. Patrick Velte, Professur für Betriebswirtschaftslehre, insb. Accounting, Auditing & Corporate Governance, Leuphana Universität Lüneburg